Weshalb fällt es uns so schwer die natürliche S-Form der Wirbelsäule zu behalten, d.h. aufrecht zu sitzen? Stattdessen rutschen wir innerhalb von ein paar Minuten in eine krumme Körperhaltung bzw. sacken in einen sogenannten Rundrücken ab.
Ohne Rückenlehne ist das aufrechte Sitzen über längeren Zeitraum für unsere Rückenmuskulatur meist sehr anstrengend. Lehnen wir uns jedoch an, dann entsteht nicht nur eine Rückwärtsbewegung vom Rücken in Richtung Stuhllehne, sondern unser Becken wird längerfristig und graduell nach vorne in Richtung Sitzflächenvorderkante gedrückt, bis wir nicht mehr auf den Sitzbeinhöckern, sondern auf unserem Steißbein sitzen. Während das Becken nach vorne wandert und der obere Rücken angelehnt bleibt, wölbt sich der Lendenbereich nach hinten (in die falsche Richtung) rund heraus. Da wir jedoch dazu tendieren, den Kopf nach vorne zu neigen, da wir entweder die Augen auf den Tisch oder Bildschirm gerichtet haben oder dem Nach-vorne-weg-rutsch Effekt des Beckens entgegenwirken zu wollen, verursachen wir eine kyphotische Haltung (Brustwirbel nach vorne gebeugt, d.h. ein Buckel im oberen Rücken), sondern knicken auch noch den Halswirbelbereich nach vorne hin ab.
Diese weitverbreitete Rundrückenposition verursacht folgende Probleme:
Um uns von diesen Unwohlsein zu befreien, richten wir uns wieder gerade auf, so dass wir wieder auf den Sitzbeinhöckern sitzen. Da wir uns aber nun vorne sitzend nicht mehr anlehnen können und dies so auf Dauer für unsere Rückenmuskulatur zu anstrengend ist, fallen wir entweder gleich zurück in den Rundrücken oder rutschen wieder nach hinten um uns anzulehnen und der Kreislauf beginnt von vorne.1
Das bedeutet, dass die sitzende Position in sich instabil ist und nicht durch ein perfektes Design gehalten werden kann. Man kann natürlich ergonomisch geformte Stühle bauen, um die natürliche S-Form zu unterstützen, was allerdings durch die Schwerkraft und den oben beschriebenen Kreislauf so gut wie unmöglich ist. Selbst wenn man in einem perfekt angepassten Schalensitz festgegurtet sitzen würde - so wäre dies sehr ungesund, da uns die Bewegung, d.h. der permanente Wechsel von Be- und Entlastung der Bandscheiben fehlen würde, den wir unbedingt benötigen um eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit und Nährstoffen zu gewährleisten. Jedoch kann die Gravitation auch genutzt werden, indem das Becken ein wenig nach vorne gekippt wird, um die natürliche Lendenkurve zu unterstützen und die Muskulatur etwas gleichmäßiger zu beanspruchen (Sitzkeil-Effekt).2
Quellen und Anmerkungen:
1 und 2 Cranz, G.. The Chair: Rethinking Culture, Body, and Design. New York: Norton & Company, 2000.